Was ist Psychodrama?
Psychodrama schafft mit seinen spielerisch-kreativen Voraussetzungen, sich unterschiedlichste Lebenssituationen zu vergegenwärtigen und wiedererlebend neue Entwicklungsmöglichkeiten zu erschließen.
Ursprünglich als effektive Methode der Psychotherapie im Einzel- und Gruppensetting entwickelt, lassen sich mit seiner großen Vielfalt psychodramatischer Techniken unterschiedlichste soziale Prozesse untersuchen, Veränderungsprozesse gezielt anstoßen und Lernprozesse intensivieren.
Es ist die szenische Auseinandersetzung mit Kindheitserfahrungen und alten Traumata ebenso möglich wie die Arbeit an Angststörungen in einem Team oder Konflikten in einer Beziehungssituation. Immer geht es um das Freisetzen von schöpferischen Potential und dem Erproben neuer Handlungsalternativen. Es werden Gruppen und Einzelnen Entwicklungsräume eröffnet, die neue konfliktlösende Einstellungen und Verhaltensweisen beinhalten.
Psychodrama ist eine eigenständige Therapie- und Beratungsmethode. Es ist sowohl ein tiefenpsychologisches als auch ein sozialpsychologisches Verfahren.
Quelle: Psychodrama Institut für Europa (Landesverband Deutschland e.V.)
Rollentheorie
Als die wohl wichtigste Leistung von Jacob Levi Moreno kann das Entwickeln einer Rollentheorie gedeutet werden.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Rollenbegriff eines der wesentlichen Begriffe und Variablen der Soziologie ist.
Hierzu meint er, dass menschliches Handeln eine Rollenverkörperung ist. Sie erfordert die Rollenübernahme, d.h. die inneren und äußeren Vorgänge müssen verbunden sein.
Die Entwicklung der Rollentheorie nach Moreno lässt sich in drei Perioden finden:
- Expressionistisches Frühwerk (1911-1929)
Das Stegreiftheater (1923)
Freies, kreatives, spontanes Spiel an Stelle von Kulturkonserven. - Soziometrische Schaffensperiode (1930-1939)
„Who shall survive“ 1934 - Psychodramatisches Spätwerk (1939-19749)
The Role Concept (1961)
Das Rollenkonzept eine Brücke zwischen Psychiatrie und Soziologie
Moreno unterscheidet dabei:
- role taking oder role enactment
ist die Übernahme und Verkörperung einer vollständigen vorgegebenen Rolle. - role playing
ein gewisses Ausmaß an freier Gestaltung der Rolle ist erwünscht. - role creating
das ist Rollenspiel mit einem hohen Grad an Gestaltungsfreiheit. Stegreifspiel oder kreative Rollengestaltung im freien Leben
Was heißt das nun für die Psychotherapie, Gruppentherapie und Paartherapie?
Die psychische Gesundheit eines Menschen ist eng verknüpft mit seiner Kompetenz möglichst viele verschiedene Rollen auszukleiden. In vielen therapeutischen Sitzungen geht es u.a. darum, dem Klienten eine Klarheit darüber zu vermitteln, wie wichtig die Rollenvielfalt ist. Denn eingefahrenes, einseitig abgespultes Rollenverhalten ist auch immer Ursache von Krisen beispielsweise in Paarbeziehungen.
Die wesentlichen Begriffe sind dabei:
- Das Selbst als Rollensystem
- Das Stelbst ist die Verbindung von Körper, Psyche und Sozietät (1962)
- Rollenrepertoire ist die Gesamtheit aller zu einem bestimmten Zeitpunkt spielbaren rollen (viele Rollen – Rollencluster) – Selbst.
- Rolleninventar ist die Gesamtheit aller jemals ausgeführten Rollen eines Individuums.
- Rollenkonserve ist ein vorgegebenes individuelles Handlungsmuster (im engeren Sinne Theaterrolle).
Fazit:
Die Entwicklung des Selbst ist unlösbar an die Übernahme von Rollen im sozialen Kontext gebunden. Der Mensch lebt in, durch und mit seinen sozialen Beziehungen, die er im Rollenhandeln vollzieht. Das Roletraining ist ein wichtiger Bestandteil im Gruppentherapiesetting. Im geschützten Raum und Rahmen eines Gruppentherapiesettings kann ein „neu“ erlerntes Rollenverhalten ausprobiert, eingeübt und nachgespürt werden.
Mein Platz in meiner (Ursprungs)familie
Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft
Es ist erstaunlich wie häufig wir den Platz, den uns unsere Herkunftsfamilie zugewiesen hat oder den wir uns erkämpft haben, in der jetzige Familien-/Beziehungskonstellation wieder einnehmen.
In meiner Arbeit zeige ich zunächst die „alten“ familialen Beziehungsgeflechte der Herkunftsfamilie auf. Damit wird der eigene Platz und die eigene Rolle des Klienten/-in beleuchtet und hinterfragt. Schließlich werden mit Hilfe der „surplus-reality“ Wahlmöglichkeiten für die Gestaltung der Gegenwart und Zukunft erarbeitet und im Role-Training ausprobiert. Das Role-Training ist besonders gut im Gruppensetting zu erlernen und einzuüben. Der geschützte Raum der Gruppe bietet für das Erlernen einen geeigneten Rahmen.
Dabei kommen alle gängigen Techniken des Psychodramas zum Einsatz.
Zentrale Ausgangfrage:
Welche Rolle spiele ich in meiner Ursprungsfamilie und wieweit determiniert dieses Rollenverständnis meinen Platz und mein Handeln in den sozialen Bezügen im hier und jetzt? Z. Bsp. in meiner eigenen Familie, Partnerschaft.
Nutzen für den Klienten/-in:
Wenn ich meinen Platz aus meiner Ursprungsfamilie bewusst kennengelernt habe, kann ich meine heutige Beziehungskonstellation bewusst gestalten.